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Trainingsgrundsätze

"Es mag eine Million oder mehr Methoden geben, aber es gibt nur wenige Prinzipien. Derjenige, der die Prinzipien versteht, kann erfolgreich seine eigenen Methoden auswählen. Derjenige, der Methoden ausprobiert und die Prinzipien ignoriert, wird mit Sicherheit Probleme haben." Ralph Waldo Emerson

Aufbauend auf diesem Gedanken möchten wir hier die wichtigsten Prinzipien vorstellen, die ein intelligentes Training (ganz egal in welchem Bereich der Trainingswelt, sei es mit schweren Gewichten oder mit dem eigenen Körper, Männlein oder Weiblein, jung oder alt, im Fitnessstudio oder zuhause) stets berücksichtigen sollte:

1. Aktiver Kraftfluss

Der aktive Kraftfluss ist ein simpler Maßstab um zu erkennen, wie gut eine Übung wirklich ist.

"Je mehr Gelenke bei einer Übung beteiligt sind, je größer der zurückzulegende Bewegungsumfang mit der Hantel ist, je freier sich der Körper zu bewegen vermag, je mehr Gewicht man bewältigen kann, je größer die Dehnung ist und je besser man die Muskulatur kontrahieren kann, indem man möglichst viele motorische Einheiten (ein Nerv mit den dazugehörigen Muskelfasern) zu rekrutieren vermag, desto besser ist auch die jeweilige Übung für Ihre Entwicklung!"

Kurz gesagt:

Bewege möglichst viel Gewicht über einen möglichst großen Bewegungsumfang mit möglichst perfekter Technik in möglichst geringer Zeit.

2. Natürliche Bewegungen

FFF - Form Folgt Funktion:

"Sei es der kreisende Adler oder die sich öffnende Apfelblüte, der schuftende Ackergaul, der lebhafte Schwan, die sich verzweigende Eiche, der sich schlängelnde Strom an seiner Quelle, die treibenden Wolken oder die über allem ziehende Sonne; immer folgt die Form der Funktion und das ist das Gesetz." Louis Sullivan (amerikanischer Architekt)

Soll heißen, dass die Form - also die Struktur und das Aussehen von etwas - stark von seiner Funktion geprägt ist.

Die Funktion muss dabei nicht zweckgerichtet sein. Die Bezeichnung "Funktion" umfasst alles was funktioniert, und funktionieren tut fast alles. Wie gut es funktioniert, zeigt sich dann aber erst im Wechselspiel mit der Realität. Funktioniert etwas nicht gut, hat es eine schlechte Form und muss angepasst, bzw. weiterentwickelt werden oder es wird früher oder später ausselektiert.

So entstanden Galaxien, Gebirge, Haare, Organe, Flügel, Muskeln, usw. Diese bereits sehr etablierte Strukturen unserer Welt "funktionieren" alle sehr gut und haben deshalb auch eine sehr gute Form. Ein faszinierender Prozess der Evolution.

Gerät ein Mensch nun außer Form, dann geschieht dies, weil er sich von seiner natürlichen Funktion abwendet.

Unser Körper entwickelt sich nicht so schnell weiter wie unsere Zivilisation. Unser Alltag hat nicht mehr viel mit unserem natürlichen Alltag gemein. Wir sind vom Jäger und Sammler, vom körperlich tätigen und im Einklang sowie Kampf mit der Natur befindlichen Lebewesen zum Opfer unserer Intelligenz, Faulheit und Genusssucht geworden. Soll unser Körper schön und stark bleiben, müssen wir seine ursprüngliche Funktion imitieren, indem wir ihn naturbelassen ernähren und umfassend trainieren.

Der Fokus auf natürliche Bewegungen ist also unerlässlich, wollen wir funktional (und somit auch schön) bleiben und nicht herumlaufen wie Frankenstein.

So werden Dysbalancen zwischen Kraft und Masse, zwischen Funktion und Aussehen vermieden. Es gibt nichts peinlicheres als überproportionierte Arme, die nicht zum Rest des Körpers passen. Leute die sich ausschließlich auf ihr Aussehen konzentrieren und nicht auf ihre Leistung bedacht sind finden sich in den Fitnessstudios leider massig. Aber ist so jemand wirklich stark, nur weil er stark aussieht?

Diese Irrungen und Wirrungen sind gemeinhin bekannt und haben nicht gerade zu einem guten Ruf der Fitness- und Bodybuildingszene beigetragen. Schwarze Schafe und illegaler Drogenmissbrauch haben ihr Übriges dazu getan, um diese Welt des Scheins für viele umfassend zu stigmatisieren.Ein Mensch sollte zumindest so stark und fit sein, wie er auch aussieht – wenn nicht noch stärker und fitter; ein wenig Understatement hat schließlich noch niemandem geschadet.

Aus diesen Gründen konzentrieren wir uns auf die funktionale Seite der Kraft, die in natürlichen Bewegungen verborgen liegt.

Hinzu kommt, dass genauere Untersuchungen ergeben haben, dass der Aktivierungsgrad in der jeweiligen Muskulatur immer bei den sogenannten "Mehrgelenksübungen" am höchsten ist. Hierzu zählen die klassischen Übungen der natürlichen Bewegungen, des Hebens (Kreuzheben), Beugens (Kniebeugen), Drückens (Bankdrücken, Überkopfdrücken, Dips) und Ziehens (Klimmzüge, Rudern) und deren mannigfaltige Variationen.

Konzentriert man sich auf diese natürlichen Bewegungen, trainiert sie beharrlich, progressiv, mit einer sauberen Technik und ausreichend Variation, muss man sich auch um einzelne Muskeln keine Gedanken machen. Sie werden alle in dem Maß anwachsen, wie es für den jeweiligen Körper am besten, d.h. am funktionalsten und schönsten ist. Wir erinnern uns: Form folgt Funktion!

3. Freie Übungen

Dieser Punkt versteht sich eigentlich fast von selbst, wenn man die vorherigen beiden Punkte beachtet.

In der Natur kommen keine Isolations- oder Maschinenübungen vor. Die Bewegungen sind frei, und genau so sollten sie auch trainiert werden, denn hierauf ist unser Körper mit all seinen Komponenten angepasst.

Trainiert man mit Maschinen- oder Isolationsübungen, vernachlässigt man die stabilisierenden Muskeln (die Synergisten), was letztendlich dazu führt, dass die durch diese Übungen gewonnene Kraft im Alltag so gut wie nie freigesetzt werden kann. Wenn man nun mit freien Bewegungen konfrontiert wird, wird man sich entweder verletzen, da der Körper weder die entsprechende Koordination, noch Stabilisierung gewährleisten kann, oder man wird kaum etwas von der durch die Maschinenübungen gewonnenen Kraft einsetzen können, da der Körper aufgrund der mangelnden Koordination und Stabilisierung Hemmmechanismen aktivieren wird, um sich vor Verletzungen zu schützen.

Es gibt nun also zwei Vorgehensweisen: Entweder man trainiert an Maschinen (und lässt sich durch diese die ganze stützende und stabilisierende Arbeit abnehmen) oder man greift zu freien Übungen und wird selbst zur Maschine.

Zu viel Maschinen- und Isolationstraining führt außerdem leicht zu muskulären Dysbalancen, was wiederum zu Fehleinwirkungen auf den passiven Bewegungsapparat führen kann.

Hinzu kommt, dass unser Nervensystem nicht mit Muskeln arbeitet, es kennt sie nicht einmal. Es arbeitet nur mit Anspannung und Entspannung, es kennt nur Bewegungen.

"Was ist wohl sinnvoller, wenn man eine größere Ansammlung von Individuen zu einem bestimmten Ziel hin bewegen möchte: Wenn man versucht, jedes einzelne von ihnen zu diesem Ziel hin zu überreden oder gar zu zwingen oder wenn man sich den Herrscher, den König über all diese Individuen, die ihm alle aufs Wort gehorchen, vorknöpft und gemeinsam mit ihm und seiner Befehlsgewalt die Gesamtheit all dieser Individuen zu diesem Ziel hin bewegt?"

Jeder entscheidet selbst, ob er dennoch einzelne Muskeln trainieren will, oder im Sinne seines Nervensystems arbeitet und sich auf Bewegungen konzentriert. Wie viele unserer über 650 Muskeln können wir wohl isoliert trainieren?

4. Saubere Technik

Sie ist unsere oberste Priorität.

Technik vor Last!

Eine saubere Technik ist die absolute Grundlage bei allen Übungen. Bevor die Technik der Bewegungsausführung nicht 100% stimmt, sollte das Gewicht auf keinen Fall erhöht werden. Deshalb arbeitet man zum Erlernen der Technik (vor allem der komplexen Übungen --> hier hauptsächlich Ganzkörperübungen) nur mit dem eigenen Körpergewicht, der leeren Hantelstange oder gar einem Besenstil oder ähnlichem. Ist die Technik korrekt, wird das Gewicht langsam erhöht. Hierbei sollte man sich ständig kontrollieren (lassen). Sei es durch einen kompetenten Trainer, einen Trainingspartner oder ein Kontrollvideo der eigenen Bewegungsausführung.

Nur eine saubere Technik erlaubt es uns langfristig mit schweren Gewichten zu trainieren. Und diese sind für eine optimale Wachstumsreizsetzung unabdingbar.

Wir wollen unseren passiven Bewegungsapparat durch das Training stärken und ihn nicht zerstören. Damit diese Stärkung des passiven Bewegungsapparates produktiv und nicht destruktiv abläuft, müssen folgende Bedingungen immer eingehalten werden:

  • Eine saubere, auf die eigenen Hebelverhältnisse abgestimmte, Technik und Haltung

  • Kontrollierte Bewegungen / Konzentriertes Training

  • Langfristige Planung und Gewichtssteigerung

  • Keine Steroide

5. Erst die Stabilität, dann die Bewegung

Aus der Stabilität entsteht die Bewegung. So sollte es zumindest sein. Das ist die natürliche Reihenfolge der Entwicklung: Erst das Fundament, dann das Haus. Erst die Wurzeln, dann der Baum. Erst die Stabilität, dann die Bewegung.

Nur so entsteht eine 100%ige Technik, bzw. Bewegungsausführung und man ist in der Lage, den vollen Nutzen aus einer Übung zu ziehen.

Bevor etwas in sich selbst stabil ist, sollte es auch nicht bewegt werden. Das ist nichts anderes, als beim Bau eines Autos oder beim Zusammenbauen eines Schrankes oder eines Tisches. Will man diesen Schrank oder Tisch an einer anderen Stelle im Raum positionieren, ist es von Vorteil, wenn er zuvor komplett zusammengebaut und in sich stabil ist. Andernfalls ist das ganze Konstrukt sehr instabil und es beschert große Mühe, es zu stabilisieren und zusammen zu halten, ohne dass es kaputt geht.

Dasselbe gilt für unsere Übungen. Ist die Stabilität nicht gewährleistet, kostet es große Mühe, die Technik zu bewahren. Hierbei geht viel Kraft verloren, was weniger Gewicht erlaubt, was wiederum geringere Wachstumsreize zulässt - falls die Technik nicht komplett zusammenbricht und man sich Verletzungen zuzieht.

Konkret bedeutet dies, dass erst eine saubere Hocke beherrscht werden sollte, bevor man sich in die Kniebeuge herantastet. Bei den Liegestütze, wäre dies der Frontstütz, usw...

Genaueres findet sich dann bei den Erläuterungen zu den einzelnen Übungen.

Zippel, Christian: 80/20 Fitness. Wenig investieren, viel erreichen. Das Training für alle, die das Leben genießen und trotzdem fit sein wollen, 1. Auflage 2014 riva Verlag, ein Imprint der Münchner Verlagsgruppe GmbH, S.33

http://www.sportunterricht.de/lksport/motoeinheit.html

Zippel, Christian: HFT - Hochfrequenztraining & Auto-Regulation. Das kybernetische Trainingssystem für beschleunigten Muskelaufbau, deutlichen Kraftzuwachs, rapiden Fettverlust, 1. Auflage Novagenics-Verlag 2011, S.123/124

Walther, Corinna / Trienbacher, Andreas / Zippel, Christian: Schön & Stark - Wenn der Geist seinen Körper erschafft, FaszinationFitness.de, Verlag KOMPLETT-MEDIA GmbH 2014, München / Grünwald, S. 129

Gießing, Jürgen: Das Muskelaufbautraining beim Bodybuilding. Eine kritische Analyse aus sportwissenschaftlicher Sicht. Tectum Verlag, Marburg 2007, S.246

Ehemaliger Online Weblog von Dr. Christian Zippel: http://www.derwillezurkraft.de/; Mehr Wachstum und Sicherheit durch Variation, 02.10.2013

Zippel, Christian: Der Wille Zur Kraft, 2. Auflage Novagenics-Verlag 2011, S.23-25

Zippel, Christian: Der Wille Zur Kraft, 2. Auflage Novagenics-Verlag 2011, S.25

Ehemaliger Online Weblog von Dr. Christian Zippel: http://www.derwillezurkraft.de/; Schweres Krafttraining zerstört die Knochen und Gelenke, 05.11.2013

Zippel, Christian: Body Basics - In 5 Schritten zu mehr Körperbeherrschung. Besser, stärker und gesünder trainieren in jeder Sportart, 1. Auflage 2015 FaszinationFitness, Verlag Komplett-Media GmbH 2015, München / Grünwald, S. 69


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